Vois sur ton chemin
Gamins oubliés égarés
Donne leur la main
Pour les mener
Vers d’autres lendemains

Singt der Kinderchor. Das Französisch brüchig, aber verständlich. Die Kleinen haben es gut gelernt. Mein Sohn steht in der zweiten Reihe, mit kräftiger Stimme schleudert er die a Töne heraus. Sein Blick voller Ahnung und Zuversicht beobachtet meinen stolzen Blick. Ich bin ergriffen, sehe ihn hier. Bei seiner ersten Aufführung und denke, wohin ihn sein Weg wohl führt.

Die ganze Schulaula ist gefüllt. Aus der Stadt und dem ganzen Landkreis sind Eltern und Interessierte angereist. So haben es sich die Kleinen verdient — lasst sie ihren Moment genießen. Dieses wunderschöne französischen Stück mäandriert von Harmonie zu Harmonie, nur um noch einen schöneren Anlegeplatz zu finden.

Im Hintergrund höre ich ein unangenehmes Grunzen. Eine Störung dieser Harmonie. Irgendwo werden Laute der Beleidigung ausgewürgt. Ich kann nicht anders. Ich muss nach Hinten schauen. Ich sehe nur wie ein fetter, alter Mann aufsteht und seinen Nachbarn bepöbelt und ihn anfasst. Ich schaue nach vorn, die Kinder singen weiter, Gott sei dank. Ich hoffe sie hören nicht diesen unnötigen Tumult.

Eine ältere, graumelierte Frau versucht den fetten, alten Mann doch zum Hinsetzen zu bewegen, aber er schleudert sie weg und sie fällt zu Boden. Was ist da nur los? Ein junger, adrett gekleideter Mann eilt der alten, graumelierten Dame zur Hilfe. Was macht dieser fette, alte Mann nur, ist nur hierher gekommen um eine Schlägerei zu beginnen? Auf einem Kinderkonzert? Der fette, alte Mann hat nun seinen Nachbarn, einen hageren, großen Mann hochgezerrt und faucht ihn weiter an: „Warum bist du bei diesem Konzert, geh doch raus“ höre ich ihn jetzt tatsächlich schreien. Die Kinder müssen ihn auch hören, aber die Chorleiterin deutet ihnen an, singt lauter, singt der Raserei entgegen. Der hagere, große Mann erhält einen Faustschlag und landet sofort bewusstlos auf dem Aulaboden. Der junge, adrett gekleidete Mann eilt ihm zu Hilfe und will den fetten, alten Mann wegreißen, doch da schmeißt sich ein energischer, breitschultriger Jack Wolfskin-Träger auf ihn, offenbar ein Freund von dem fetten, alten Mann, und wirft den jungen, adretten Mann zu Boden. Der energische, breitschultrige Jack-Wolfskin-Träger schlägt auf ihn ein. Es ist furchtbar. Was ist hier nur los? Was für ein Gift fließt nur in ihren Adern?
Die Kinder singen dennoch voller Inbrunst weiter und weiter. Die Chorleiterin peitscht sie an, der Höhepunkt des Liedes ist noch nicht erreicht. Aber hinten steigert sich der Tumult von allen Seiten. Ich erkenne nicht mehr wer hier gegen wen ankämpft. Ich sehe meinen Sitznachbarn empört aufstehen und sich der Schlägerei anschließen. Ich verstehe nicht. Das Gewühl des Hasses breitet sich aus…. Und ich denke nur daran, dass der Kinderchor sein Lied beenden soll. Ich stelle mich vor dir Chorleiterin und den Chor. Die Arme gespreizt, bereit, stehen zu bleiben. Sing weiter, singt weiter.