Der Pluralismus der Mononamie
Wie Kieselsteine prasseln sie auf dich ein. Wollen dich schmerzlich antreiben einen das Garn zu spinnen, die Idee erwachsen zu lassen, dich zum Monomanisten werden zu lassen. Du willst fühlen, aber all der sentimentale Empirismus ist dir genug. Denke… All diese Meinungen, Ideen, Entwürfe der Existenz. Sie fallen über dich her. Man warf dich an einen Ort und befahl dir: SEI!
Das Seien… welch schwere Aufgabe und niemand bietet dir ein Training und einen VHS Kurs dafür an. Du schlägst dich allein zu Recht und folgst dem was dir Vorgelebt wird, dem zeitgenössischen Moloch der Gleichschaltung. Etwas in uns sagst uns dem Ruf der Gesellscahft zu folgen und immer nur daran zu denken den eigenen Status zu erhöhen, den persönlichen oder unternehmerischen Erfolg zu maximieren. Was mach dieser Moloch mit uns? Er zwingt uns seine Befehle auf und verpflichtet uns zu einer gesellschaftlichen, standardisierten Routine, wie ein Leben zu führen sei: 6:30 Uhr Wecker, aufstehen, Pendeln, Job, Pendeln, abend, entertainment, vielleicht Sport, vielleicht etwas Sex, vielleicht auch Liebe, zu Bett gehen und repeat.
Diese Routine, die mich, wie so viele andere “Young Professionals” überfällt, erzwingt ab einer kritischen Masse irgendwann ein Handeln. Wenn der Alltag aus Weckergejaule, Meetinggezeter und Projetkgehetze besteht, wächst der Keim des Hinterfragens. Ist es das was ich will? Sind die Revenue – Zahlen oder die internen Beurteilungen das, worüber ich tagaus tagein nachdenken will?
Gibt es mehr oder ist Gleichschaltung überhaupt für alle schlecht? Oder wollen wir uns vielleicht begrenzen? Sollen wir einer monomanistischen Denkweise folgen. Die Monomanie ist laut historischer Definition des Psychologen Esquirol eine Geisteskrankheit, „in welcher das Delirium sich auf einen einzelnen oder eine kleine Anzahl von Gegenständen beschränkt”. Diese Definition und die generelle Bedeutung der Monomanielehre sind aus der Mode gekommen, oder besser gesagt, wissenschaftlich widerlegt. Dennoch hat jeder von ihr gehört, der Monomanie, in ihren Ausgeburten der Pyromanie oder Kleptomanie, bei denen sich die Gedanken der Betroffenen nur um das Feuerlegen oder Stehlen kreisen.
Alle Arten von monomanischen, in eine einzige Idee verschossenen Menschen haben mich zeitlebens angereizt, denn je mehr sich einer begrenzt, um so mehr ist er andererseits dem Unendlichen nahe; gerade solche scheinbar Weltabseitigen bauen in ihrer besonderen Materie sich termitenhaft eine merkwürdige und durchaus einmalige Abbreviatur der Welt.
Stefan Zweig, Die Schachnovelle (1942)
Diese Monomanien sind sicherlich nicht förderlich, aber ist eine Begrenzung auf positiver annotierte Themenbereiche nicht auch ein Gewinn? Für Stephan Zweig anscheinend ja, in der Begrenzung erleben wir Unendlichkeit. Erstrebenswert? “Who wants to live forever?” Aber das wohl nicht der Punkt, wenn mir uns etwas beschäftigen, das vielleicht weltabseitiger ist als mein täglich Job, wozu führt uns? Wenn wir monomanistisch eintauchen in ein Thema, das beschränkt scheint, aber dann wie ein Eisberg submarin noch eine nicht endende Ausdehnung erreicht, führt uns das in eine neue Welt. Eine größere Erkenntnis. Wir könnten mehr werden, als das was wir sind. Funktioniert es, ich weiß es nicht.
Die Monomanie ist für mich der Versuch einzutauchen in ein Meer, das mich umgibt. Es ist ein großes Meer, hat aber mehr unterschiedliche Strände in dieses einzusteigen. Der Pluralismus der Monomanie ist, wenige Buchten zu finden, dir mir einen Einsteig ermöglichen mehr zu verstehen. Mich zu unterrichten in der Literatur, der Musik und auch mich über mich selbst fortzubilden. Ich werde hier dokumentieren was ich lerne oder auch welche neuen Fragen sich mir ergeben.
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