Sailing to the Moon
Mal wieder in Berlin. Das 2. Mal diesen Monat. Es ist der 10.03. und ich sitze in der Hopfenreich Bar in der Nähe vom Schlesischen Tor. Ein konstanter Ort der Einkehr bei jedem Berlin Besuch. Es war im Jahre 2015, als ich in Berlin auf der Konferenz für Theoretische Chemie war und diese Bar für mich entdeckt habe. Damals durchlebte ich eine Trennung und Bier war ein sehr großes Thema zur Normalisierung. In Heidelberg war der Begriff des Craft Beers noch in weiter Ferne, Pale Ale klang unerfüllt und unklar, aber hier im Hopfenreich hatte gerade die Rechurch Brewery ihren Tap – Takeover ….. große Zuneigung.
Berlin die große Welt, der Ort von abertausenden von Möglichkeiten. Aktuell sind die Möglichkeiten beschränkt. Unsere HR Chefin hat heute morgen per Dekret die Schließung aller Büros unserer Firma verkündet. COVID-19 wandert umher. Es gilt auch Reiseverbot, aber ich bin dennoch unterwegs. Diese Pandemie beeinflusst gerade so vieles, diese Konferenz auf der ich gerade bin, findet statt, obwohl soviele Teilnehmer abgesagt haben. Die Stimmung auf der Konferenz ist dementsprechend entspannter. Aber zum Teil wird Frustration hochgespült.
Heute sprach ich mit einer Schweizerin, die gerade auf Jobsuche in dem Pharma Chemie Bereich unterwegs ist, aber viele von den potentiellen Arbeitgebern sind nicht aufgetaucht. Sie beschwerte sich, wie viel Geld sie ausgeben hat, für nichts und wieder nichts. Da ist er wieder, der Eiter der Frustration. All diese Young professionals. Wir eitrig wir doch sind. Beschweren über meinen Status, wie schwer es ist nach oben zu kommen. Alle Plätze blockiert oder noch schlimmer: Gemäß der Theorie eines weisen Freundes, zwingt uns die Pyramide der Schwänze immer tiefer einzustecken, ohne zu sehen wie es überhaupt nach oben geht. Natürlich, es gibt sie, die Anomalien, die nach oben weisen, die zeigen wie man mit 26 schon im Higher Level Management sein kann. Die meisten werden aber einen Punkt erreichen, an dem es nicht weitergeht, an dem dann der Eiter aus jeder Pore sprießt.
Meine Aspirationen, in dieser Stadt, die einst als Welthauptstadt Germania erdacht wurde, sind sicherlich auch da. Ich habe heute das Kompliment gehört, dass ich Champions League sei, aber so fühle ich mich nur selten. Ich schaue auf zum Mond am Gendarmenmarkt und sehne mich nach einem Leben in der Geistigkeit, aber dafür fehlt mir wiederum der Geist. Wohin man auch blickt, Straßensperren. Ich gehe durch das Kaufhaus Dussmann, einfach weil es an jedem Wochentag bis 24Uhr offen ist und suche nach Büchern, suche nach Nähe zur Geistigkeit. Was kenne ich noch nicht: Die Gedichte von William Blake, Pirandellos Eskapaden. Lasst mich verstehen, lasst mich teilhaben, auf dass mich dieses Streben nach Unglück der young Professionals verlässt.
Danke Berlin….du bringst Ruhe….durch deine Hektik und durch deine Liebe für die wirren Worte. Wirre Worte, die hier weiter blubbern, bis der Mond untergeht und wir dazu gezwunden werden in den Meetingräumen unserer Existenz der Illusion beiwohnen können aufzusteigen.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.